Bol d’Or 2022: ERC Endurance Ducati: Knapp an Sensation vorbei geschrammt

Bol d’Or 2022: ERC Endurance Ducati: Knapp an Sensation vorbei geschrammt

ERC Endurance Ducati hat beim 24-Stunden-Rennen von Le Castellet beim Finale der FIM Endurance World Championship 2022 nur knapp die Sensation verpasst: Xavi Fores, David Checa und Chaz Davies landeten im Kampf um die Goldene Schüssel „Bol d’Or“ auf dem fünften Platz. Das Team erntete in diesem Rennen die meisten Führungsrunden. 

Beim Finale der Langstrecken-Weltmeisterschaft 2022 stand ERC Endurance Ducati mit der EWC-spec Ducati Panigale V4R kurz vor der Sensation: Mit den meisten Führungsrunden ging es in die letzten zwei Stunden. Anderthalb Uhrumläufe vor Schluss aber musste man mit einer defekten Kupplung einen herben Rückschlag hinnehmen. Die Reparatur kostete etwas unter 30 Minuten und nicht nur den Sieg, sondern auch das Podest. Am Ende retteten Xavi Fores und David Checa (beide Spanien) den fünften Platz ins Ziel. Der Brite Chaz Davies hatte bereits in der Nacht wegen Rückenschmerzen den Lenker seinen beiden Teamkollegen überlassen müssen und konnte nicht mehr einschreiten. 

Es war eine tadellose Vorstellung des Teams aus Karlsruhe. Fores fuhr den Start und konnte nicht nur die Führung übernehmen, sondern die großen Werksteams der EWC an der Nase herumführen. Im späteren Rennverlauf patzten diese immer mehr und die Panigale V4R-Truppe konnte bis weit in die Nacht hinein die Führung behaupten. In den Stunden nach Mitternacht bis in den Morgen hinein entbrannte ein erbitterter Kampf um die Führung zwischen der #6 Ducati, sowie der #4 Tati-Kawasaki, der #333 Yamaha und der #77 Yamaha. 

Im Morgengrauen hatte sich ERC Endurance Ducati die Führung um zwei Runden ausgebaut und sollte dies auch bis rund 22:30 Stunden Renndauer behaupten. Dann aber fiel die Entscheidung „All-In“ leider einem technischen Defekt zum Opfer. 

Nach zehn Betriebsstunden wurde die Kupplung an der V4R getauscht – und hätte nach 20 Stunden also erneut einen Service gebraucht. Alles war auch bereit dafür, doch die Fahrer konnten keine Fehlfunktion (Rutschen) erkennen, weswegen sich nicht nur die Techniker und Chefs des Teams, sondern auch unisono die Ingenieure aus Bologna zum „All-In“ für den Sieg entschieden. 

Leider ging diese Rechnung nicht auf und die Kupplung ging ohne Vorwarnung kaputt und zerschlug dabei noch weitere Teile im Motorinneren. Man konnte alles in unter 30 Minuten wieder reparieren, doch Führung und Podest waren dahin. 

Drei Runden nach dem Kupplungsschaden erlitten die dann Führenden einen Kettenriss – mit diesem Wissen „hätte“ man bei regulärem Kupplungstausch das Rennen gewinnen können. Neben Pech kam auch die Komponente „verpokert“ hinzu, die man als bitterliches Lehrgeld zahlen musste.

Chaz Davies:
„Es war ein unglaubliches Wochenende. Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich noch vor Rennhalbzeit nicht mehr fahren konnte, weil ich einen Hexenschuss hatte und nicht mal mehr gehen konnte. Xavi, David und das gesamte Team haben einen unglaublichen Job gemacht und wir hätten alle diesen Sieg mehr als verdient gehabt. Aber in der Langstrecke gewinnst du nicht einfach mal so – das weiß ich nun nach Spa und Le Castellet auch.“

Xavi Fores:
„Eigentlich ist es unglaublich: Wir hatten diesen Sieg zum Greifen Nahe – aber es fehlte uns allen an Erfahrung! Das ist kein Vorwurf an irgendwen! Wir haben es einfach probiert, durch zu kommen. Hätten wir nur eine halbe Runde mehr Vorsprung gehabt, wäre die Nummer mit dem Tauschen auch safe gewesen. Aber die Kupplung hat überhaupt keine Ermüdungserscheinungen gemacht und wir haben gedacht, dass sie durch hält. Fakt ist, dass wir dieses Rennen unter Kontrolle und zwei Runden Vorsprung hatten. Wir waren gerade auch in der Nacht die Schnellsten und konnten die Pace der anderen Werksteams, die dann noch im Rennen waren, nicht nur mitgehen, sondern klar übertreffen. Anderthalb Stunden vor Schluss so ein Rückschlag ist schwer zu akzeptieren und der fünfte Platz sicher nicht das, was wir wollten.“

David Checa:
„Ich bin lange genug im Geschäft um zu wissen, dass in der Langstrecke das Rennen erst vorbei ist, wenn es eben vorbei ist – und das ist nach 24-Stunden. Hintenraus gesehen haben wir einen Fehler gemacht, dass wir nicht noch diesen einen zusätzlichen Stopp auf uns genommen haben. Aber hinterher ist man immer schlauer. Fakt ist, dass wir dieses Rennen in unseren Händen hatten. Ich bin morgens gegen drei oder vier rein gekommen und habe mich beim Team entschuldigt, dass mehr als 54er-Zeiten nicht drin waren – da sind alle anderen nicht unter 58 gekommen! Unsere Ducati Panigale V4R hat perfekt funktioniert und ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir weiter so hart arbeiten, bald nicht nur auf dem Podest, sondern ganz oben stehen können.“

Frank Hofmann – Team Manager:
„Natürlich sind wir mega enttäuscht, dass wir diesen Sieg nicht mit nach Hause nehmen konnten, denn das war auch der ‚Aufhänger‘, wo wir alle die Köpfe zusammen gesteckt haben und gesagt haben: Wir tauschen die Kupplung nicht und setzen alles auf Rot und Sieg. Im Nachhinein betrachtet hätten wir – mit dem Pech der anderen und der benötigten regulären Tauschzeit – trotzdem gewonnen. Aber das weißt du vorher nicht. Es war eine Teamentscheidung, die auch mit den Fahrern und den Ingenieuren von Ducati besprochen und abgesegnet war. Fakt ist, dass wir aber klar das schnellste Team auf der Strecke waren. Alle drei Fahrer haben einen unglaublichen Job gemacht, besonders Xavi und David, nachdem Chaz leider nicht weiter fahren konnte. Es ist schwer zu akzeptieren, diesen Sieg anderthalb Stunden vor Schluss verloren zu haben – aber es gibt auch Mut und Zuversicht, denn wir haben gezeigt, dass wir es können.“